Was ist chinesische Medizin?

Yin und Yang: das A und Ω der chinesischen Medizin

Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) basiert auf der Theorie, dass die elementare Lebensenergie Qi (sprich »tschi«) auf Leitbahnen, so genannten Meridianen, durch den Körper fließt. Diese Meridiane kann man mit Flüssen vergleichen, die den Körper bewässern und seine Organe versorgen. Jede Störung dieses Systems wirkt wie ein Damm, der den lebenswichtigen Energiefluss blockiert. Aus diesen Blockaden entstehen schließlich Erkrankungen und Schmerzen.

Um das harmonische Gleichgewicht des Körpers wiederherzustellen, wurden in Ostasien zahlreiche Methoden entwickelt, die effektiv und sicher Erkrankungen diagnostizieren, behandeln und vorbeugen können. Die traditionelle chinesische Medizin umfasst insgesamt fünf Bereiche. Neben den bekanntesten und bedeutendsten Bereichen Akupunktur, Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) und Diätetik (Ernährungslehre) sind dies Tuina (Chinesische Massage) und Qi Gong (sprich »tschi gung«; Bewegungstherapie).

Chinesische Medizin wird seit vielen tausend Jahren angewandt und hat weltweit schon mehr Menschen gesund gemacht, als jedes andere Heilverfahren. Das liegt vor allem daran, dass die uralten chinesischen Praktiken sehr vielfältig sind und viele Zusammenhänge zwischen Körper und Geist mitberücksichtigen, die in der westlichen Medizin unbeachtet bleiben. Die gesamtheitliche Diagnostik und Therapie der traditionellen chinesischen Medizin behandelt vorhandene Symptome ganz individuell und abhängig von Alter, Lebensphase und Jahreszeiten.

Wie wirkt Akupunktur?

Das Qi (sprich: »tschi«), die Lebensenergie des Menschen (aktive Energie), fließt gemeinsam mit dem Xue (stoffliche Energie) in den Leitbahnen auf der Oberfläche und im Innern des Körpers. Solange der Körper gesund ist, besteht ein Gleichgewicht auf diesen Bahnen. Stress, langfristig oder kurzfristig, körperlich oder seelisch, kann den Fluss des Qi aus dem Gleichgewicht bringen und so unerwünschte Symptome verursachen.

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Ärger im privaten Alltag kann sich beispielsweise in Form von Migräne oder Schlaflosigkeit auswirken. Langfristig kann dies unter Umständen zu weiteren Beschwerden (wie etwa Depressionen) führen, was die Anfangsproblematik noch einmal verstärkt.

Ihr Körper hat eine bemerkenswerte Fähigkeit sich selbst zu heilen. Doch wenn seelischer Stress oder körperliche Beanspruchungen zu groß werden, wird der Organismus stark geschwächt. Eine vollständige Genesung aus eigener Kraft kann dann sehr lange Zeit in Anspruch nehmen.

An dieser Stelle setzt die Akupunktur an und hilft Ihnen dabei,fast ohne Nebenwirkungen ihre Beschwerden zu lindern oder oft auch ganz gesund zu werden.

Bei der Akupunktur werden bestimmte Reizpunkte auf den Oberflächenbahnen des Körpers genadelt, um den Energiefluss wieder zu harmonisieren. Bei einer Behandlung werden zwischen zehn und vierzig Reizpunkte aktiviert oder beruhigt – mit feinsten Nadeln, die nicht mehr schmerzen als ein kleiner Insektenstich. In akuten Fällen umfasst ein Behandlungszyklus in der Regel fünf bis zehn Sitzungen. Bei besonders hartnäckigen und chronischen Fällen können allerdings auch noch mehr Behandlungen nötig sein.

Bei einer verwandten Technik, der Moxibustion, werden Kräuter auf Nadeln oder auf einer Unterlage über den Reizpunkten kontrolliert verbrannt. Dies stärkt den Organismus und stellt seine verloren gegangene Harmonie wieder her. Für diese gleichermaßen sehr angenehme wie auch sehr wirkungsvolle Behandlung wird das Kraut Beifuß (Artemisia vulgaris) verwendet.

Wie erklärt die westliche Medizin die Wirkung von Akupunktur?

In der westlichen Medizin gibt es mehrere Ansätze die Wirkweise von Akupunktur zu erklären:

Endorphin-Theorie

Durch die Stimulation der Nadelstiche schüttet der Körper Endorphine aus. Diese im Gehirn produzierten Opiate entfalten im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) eine schmerzstillende Wirkung.

Rückenmarksstimulation

Durch Akupunktur werden einzelne Nervenbündel im Rückenmark blockiert, sodass bestimmte Schmerzen nicht ins Gehirn weitergeleitet werden können. Diese Theorie wird »Gate-Control-Theorie« (Kontrollschranken-Theorie) genannt.

Veränderung des Blutflusses

Bei der Akupunkturbehandlung verstärkt sich im Bereich um die Nadeleinstiche die Fließgeschwindigkeit des Blutes. Dies führt dazu, dass Nähr- und Giftstoffe schnell an- beziehungsweise abtransportiert werden können. Gemeinsam betrachtet fördern beide Effekte aktiv den Heilungsprozess.

Ausschüttung von Hormonen

Experimentelle Untersuchungen haben nachgewiesen, dass im Anschluss an eine Akupunkturbehandlung von der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) vermehrt Hormone freigesetzt werden, die die Nebenniere dazu anregen, Cortisol zu produzieren. Dieses Steroidhormon wird auch künstlich hergestellt (Cortison) und häufig zur Behandlung von allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen oder Asthma angewandt. Durch das durch die Akupunktur freigesetzte Cortisol, kann auf das künstlich hergestellte Cotisonpräparat, mit seinen vielfältigen Nebenwirkungen in einigen Fällen sogar verzichtet bzw. in Abstimmung mit den fachspezifischen Kollegen eine Dosisreduzierung vorgenommen werden.

Der westlichen Forschung ist es allerdings bis heute noch nicht gelungen die Mechanismen der Akupunktur in ihrer gesamten Wirkbreite zu erklären. Das liegt unter anderem daran, dass in der chinesischen Heilkunst im Gegensatz zur westlichen Medizin nicht einzelne Symptome untersucht werden, die mit nur einer einzigen Therapie behandelt werden. Im Mittelpunkt der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) steht vielmehr eine ganzheitliche Behandlung, bei der mehrere, einander ergänzende Techniken ihre Wirkung entfalten.

Die Heilkräuter

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Jeder Mensch hat sein individuelles Qi. Und genau so ist es auch bei Kräutern. Die Kunst der chinesischen Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) besteht also darin, das Qi ausgewählter Kräuter genau so zu mischen und abzustimmen, wie es der Körper für sein momentanes Wohlbefinden benötigt.

Es gibt drei Hauptmerkmale für Heilpflanzen, die bei einer sinnvollen Auswahl für die Therapie eine Rolle spielen:

Temperatur

Heilkräuter können heiß, warm, neutral, kühl oder kalt sein. Die unterschiedlichen Temperaturen haben nichts mit ihrer Zubereitung zu tun, sondern beziehen sich auf die Krankheitstypen, für die sie eingesetzt werden. So wirken kalte Kräuter bei heißen Beschwerden wie zum Beispiel Fieber oder Entzündungen, wohingegen warme Kräuter bei kalten Beschwerden oder Mangelzuständen eingesetzt werden. Hierzu gehören unter anderem Erkältungen und bestimmte Formen von Blasenproblemen.

Geschmack

Die chinesische Pflanzenheilkunde kennt sechs Geschmacksrichtungen: süß, sauer, salzig, bitter, scharf und neutral. Diese interagieren mit den »Fünf Elementen« (Erde, Holz, Wasser, Feuer und Metall) und den »Fünf Yin-Organen« (Milz, Leber, Nieren, Herz und Lunge). Die Geschmäcke der Heilkräuter wirken auf die unterschiedlichen Schichten des Körpers sowie die Organsysteme.

Organwirkung

Heilpflanzenrezepturen werden so zusammengestellt, dass sie auf bestimmte Organe mit bestimmter Temperatur und bestimmtem Geschmack wirken. Maulbeerfrüchte (Mori fructus) zum Beispiel werden als kalt und süß angesehen. In ihrer Wirkweise unterstützen sie das Blut und stärken das Yin. Die Früchte werden bei bestimmten Formen von Schlaflosigkeit, Schwindel und Tinnitus eingesetzt.

Im Gegensatz dazu wird die Walnuss (Juglandis semen) als warm und süß beurteilt. Sie unterstützt das Yang und wird angewandt unter anderem bei Kältegefühl im Rücken und häufigem Wasserlassen sowie auch bei chronischem Husten oder bestimmten Formen von Verstopfung.

In bestimmten Fällen werden chinesische Kräuterrezepturen durch mineralische oder tierische Substanzen ergänzt.

Die chinesische Diätetik

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Die Art und Vielfalt unserer täglichen Speisen haben entscheidenden Einfluss auf die Qualität unseres Qi, die Beschaffenheit unseres Blutes und letztlich auf unseren gesamten Organismus. Wer seinen Körper stets fit hält, für den ist eine gesunde Ernährung von zentraler Bedeutung.

In der chinesischen Ernährungslehre werden Lebensmittel nach ihrer energetischen Wirkung beurteilt. Es wird der Frage nachgegangen, ob sie den Körper eher wärmen oder abkühlen. So können beispielsweise Obst- und Gemüsesorten wie Tomaten, Wassermelon oder Spinat zum Kühlen des Körpers bei Entzündungen beitragen. Bei Prozessen wiederum, bei denen die Oberfläche „geöffnet“ und krankheitsauslösende Faktoren ausgeleitet werden sollen, eignet sich besonders gut die Ingwerwurzel.

Die chinesische Diätetik dient (im Gegensatz zu vielen westlichen Diäten) in allererster Linie nicht dazu, Gewicht zu reduzieren und schlanker zu werden, sondern den Körper zu stützen oder bestimmte Mangelzustände auszugleichen. Wer großen Wert darauf legt, Krankheiten vorzubeugen, der sollte chinesische Diätetik mit Qi Gong kombinieren.

Nach einer diätetischen Beratung werden Sie viele Nahrungsmittel danach beurteilen können, ob Sie sie in ihrer täglichen Diät einschließen oder eher meiden sollten.

Die Tuina-Massage

Wörtlich übersetzt bedeutet Tuina Drücken und Greifen – nach den beiden wichtigsten Handgriffen, die bei dieser Form der Massage angewandt werden. Diagnostik und Behandlung basieren auf den gleichen Prinzipien wie Akupunktur, denn bei der Tuina-Massage werden (in der Regel durch die Kleidung hindurch) die Leitbahnen des Qi, oft sogar besondere Kreuzungspunkte, massiert, um den Körper wieder in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen.

Neben zahlreichen inneren Erkrankungen, wie Erkältungskrankheiten oder Verdauungsstörungen lassen sich vor allem Störungen im Bereich des Bewegungsapparates erfolgreich behandeln. Die Tuina-Massage eignet sich auch sehr gut zur Selbstanwendung und in der Behandlung von Kindern (z. B. unterstützend bei Heuschnupfen).

Vor allem bei dieser Therapieform zeigt sich wie gut die fünf Bereiche traditioneller chinesischer Medizin (Akupunktur, Pflanzenheilkunde, Diätetik, Tuina und Qi Gong) für Ihre Gesundheit zusammenwirken.

Qi Gong

Qi Gong bedeutet "Arbeiten mit dem Qi" -- also mit unserer Lebensenergie. In der traditionellen chinesischen Medizin bildet Qi Gong eine der 5 Therapiesäulen.
Im Qi Gong wird durch Erlernen von verschiedenen Atem- und Bewegungsübungen das Qi aufgebaut und seine Zirkulation durch den Körper verbessert bzw. unterstützt.
Viele Probleme, besonders Schmerzen werden durch Blockaden des Blutes oder des Qi hervorgerufen und können durch das regelmässige Praktizieren von Qi Gong- Übungen verbessert und zum Teil auch aufgelöst werden.
Qi Gong wird von einem ausgebildeten Therapeuten meistens in kleinen Gruppen erlernt und geübt. Es kann dann zu Hause selbst oder in einer Gruppe praktiziert werden.
Man unterscheidet zwischen einem prophylaktischen und einem therapeutischen Qi Gong. Das prophylaktische (vorbeugende) Qi Gong hilft, wie auch die regelmäßiger Akupunktur, den Körper in einem harmonischen Gleichgewicht zu halten.
Beim therapeutischen Qi Gong werden Übungen erlernt, um bei bestimmten Problemen, wie zum Beispiel Rückenschmerzen oder Regelschmerzen den Blut- bzw. Qi-Fluss in Gang zu bringen und die Beschwerden zu vermindern.
Sehr geeignet ist das Qi Gong auch für Frauen mit unerfüllten Kinderwunsch, um sich zu entspannen und eventuelle Stauungen oder Blockaden in ihrem Körper (z.B Gebärmutter) aufzulösen.
Erfolgreich angewendet wird Qi Gong auch in der Schmerztherapie, Migräne, bei gynäkologischen Erkrankungen (wie Myome, Wechselbeschwerden) oder auch Schlafstörung und Asthma werden mit gutem Erfolg behandelt.
Qi Gong Übungen sind auch sehr wertvoll und unterstützend während und nach einer Krebstherapie.

Seit 2015 organisiere ich mit meiner Kollegin Dr. Claudia Mittenzwey Hänel www.tcm-mittenzwey-hänel.de im Frühling und Herbst je einen Wochenend-Qi Gong Kurs in Völs am Schlern.Bisher haben wir 4 Nü zi Qi Gong ( Qi Gong für Frauen) Kurse durchgeführt.
Regelmässige Übungsabende werden ab November 2016 stattfinden.
Am 21 und 22 April 2017 findet der nächste Kurs mit dem Thema Nei Yang Gong (Innen nährendes Qi Gong) statt, zudem wir erstmals auch männliche Teilnehmer begrüssen werden!

Nützliche Links

Traditionelle chinesische Medizin (TCM) ist eine faszinierende und effektive Form der Heilkunst, die seit tausenden Jahren erfolgreich angewandt wird.

Wenn Sie dieses Thema noch besser kennen lernen möchten, beachten Sie folgende Links im Internet oder greifen Sie zu einem der unter angeführten Buchemfehlungen.

Societas Medicinae Sinensis – Internationale Gesellschaft für Chinesische Medizin e. V.
Die Internationale Gesellschaft für Chinesische Medizin bietet eine umfassende Einführung zu den Themen Akupunktur, Pflanzenheilkunde und Indikationen. Ferner finden Sie hier eine Liste fachlich gut ausgebildeter TCM-Ärzte.

Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V.
Eine der größten Ärztegesellschaften für Akupunktur der Welt stellt sich vor, gibt Informationen zur Akupunktur, Ausbildungskursen und vor allem informiert sie Patienten zu verschieden Krankheiten, die sich gut mit Akupunktur behandeln lassen.

Deutsche Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin e.V. – DAA
Erfahren Sie auf diesen Seiten mehr über Herkunft und Wirkungsweise der Akupunktur und ihre Einsatzgebiete. Sie finden hier zudem eine umfassende Ärzteliste und regelmäßig Neuigkeiten aus der Welt der Akupunktur.

Ötzi, der akupunktierte Südtiroler aus der Jungsteinzeit
http://www.bauer-akupunktur.it/de/http.://www.akupunktur.de/arzt/allgemein/oetzi/oetzi1.php
http://www.akupunktur.de/arzt/allgemein/oetzi/medical-tribune.php

Büchertipps

Ted J.Kapktchuk: Das grosse Buch der chinesichen Medizin (Heyne Verlag, ISBN: 3-453-19766-6)

Carl-Hermann Hempen: Die Medizin der Chinesen (Goldmann Verlag; ISBN:3-442-12309-7)

Prof. Dr.Gustav Dobos/Dr.Sherko Kümmel : Gemeinsam gegen den Krebs (Zabert Sandmann Verlag; ISBN: 978-3-89883-265-6)

Dr. med.Michael Wullinger: Allergien behandeln mit der Traditioneller Chinesischer Medizin (Irisana Verlag; ISBN: 978 3-424-15001-8)

Ute Engelhardt/Carl Hermann Hemen: Cinesische Diäthetik (Elsevier Verlag; ISBN-13:978-3-437-56491-8)